D’Historie

Zum 110-jährigen Gründungsfest des GTEV Almrausch Wasserburg a. Inn

Liebe Leser,

liebe Vereinsmitglieder,

in einer Zeit des schnellen Wandels, medial und gesellschaftlich hat es der Trachtenverein nicht immer leicht und muss bei der Vermittlung seiner Werte bei den Jüngsten beginnen um auch in Zukunft Bestand und Wertschätzung seiner Mitglieder zu erlangen. Um in unserer Heimat auch weiterhin Identitätspunkte schaffen zu können, mögen wir „Treu dem guten alten Brauch“ weiter arbeiten für den Fortgang unseres Vereins. Ein Herzliches „Vergelts Gott“ gilt den Gründern des Vereins, allen Vorständen, allen Mitgliedern und Unterstützern, sowie allen die in irgendwelcher Form Verantwortung übernommen haben bis zum heutigen Tage!

Hubert Mittermeier
1. Vorstand

Die Anfänge des Vereins gehen ins späte 19. Jahrhundert zurück. Eine Urwurzel des Schuhplattelns in Wasserburg liegt in der Gründung eines Schuhplattlervereins mit den Antrag auf dessen Gründung beim Stadtmagistrat vom 18.03.1893. Diesem Antrag wurde vom königlichen Bezirksamtmann stattgegeben (genehmigt).

Der wohl in Folge dessen entstandene Trachten- und Plattlerverein „die lustigen Unterinntaler“ war der Vorgängerverein aus dem der heutige hier bestehende GTEV Almrausch hervorgegangen ist.

Zu diesem Geschehen möchte ich den damaligen Schriftführer Oskar Winkler aus der Vereinschronik zitieren:

„Durch stete Uneinigkeiten im bisherigen GTEV „die lustigen Unterinntaler“ ist die Mehrzahl der Mitglieder gezwungen von diesem Verein auszutreten. Ein Grund war auch die Überfahrt auf der Innfähre zum Blaufeld ins Vereinslokal.
Im Jahr 1911 am 1. August fand die Gründungsversammlung des neuen Vereins GTEV Almrausch Wasserburg statt. Gründungsmitglieder waren: Nußinger Hans, Klaus Leonhard, Mayer Josef, Fellner Josef, Moser Otto, Hinter ? Sebastian, Irpedinger Ludwig, Schmid Gottfried, Ibl Georg, Huber Peter, Brandmeier Ludwig, Semmler Franz, Schauer Franz, Huber Josef, Gra ? Michael, Oberhorner Thomas, Glas Johann, Wirthmüller Michael und Salzeder Martin“.

Bereits drei Jahre nach der Gründung des Vereins hinterließ der erste Weltkrieg tiefe Spuren. Nach Auszug der Trachtler als Soldaten im Feldgrau in den ersten Weltkrieg war bereits nach 14 Tagen der erste Vorstand Hans Nußinger an der Front gefallen.

Der darauf – im Januar 1915 – neu gewählte erste Vorstand Klaus Leonhard verabschiedete weitere Trachtenkameraden in den Krieg mit den Worten „der Krieg macht sich überall sehr fühlbar, so auch bei unserem Verein. Der Gesamtmitgliederstand vor Ausbruch des Krieges 28 Mann neu hinzugetreten im Januar 5 – zu den Fahnen gerufen sind bis jetzt 18 – und heute wieder 2 Kameraden zum letzten Mal in unserer Mitte. Es sind die Kameraden Mayer Josef, in welchem wir eines unserer treuesten und besten Kameraden und als Vorplattler eine Stammwurzel des Vereins verlieren. Für seine bisherigen Bemühungen spreche ich ihm im Namen des Vereins unseren Besten Dank aus.
Ebenfalls verabschieden wir unser eifriges Mitglied Mittermeier Josef, sodass unser heutiger Verlust als ein sehr großer und harter zu verzeichnen ist.
Es ist schwer von seinen lieben Angehörigen zu scheiden, ebenso ist das Scheiden von seinen Kameraden und Freunden ganz besonders schwer aber ist ein solches Scheiden, da keiner weiß, wie es mit ihm geht, ob er seine traute Heimat, seine Lieben und Kameraden jeweils wiedersehen wird.

Es wolle daher auch beide wie auch die früheren geschiedenen Kameraden der Wunsch begleiten wieder Heil und glücklich in unsere Kreise zurückzukehren. Zum Schlusse wollen wir noch der im Felde stehenden Kameraden gedenken und den Wunsch aussprechen, dass sie Gott beschütze und wieder so zurückkehren wie sie uns verlassen haben.“

Der erste Vorstand Leonhard Klaus ist dann selbst am 19. April 1916 gefallen und ist nicht mehr zu seinen Lieben und Kameraden zurückgekehrt.

Dass der Verein auch während der vier langen Jahre des Krieges nicht stillstand beweisen die Belege von 1915 bis 1918. Ab Januar 1915 wurden Vereinsbeiträge wie vor dem Kriege erhoben. Um denen im Felde und in Ganison stehenden Kameraden eine Unterstützung von je drei Mark und Liebespaketen (Konserven, Tabak, Wollsachen, Briefe usw.) zuweisen zu können. Die Unterstützung erhielten soweit die Belege zeigten die Kameraden Leonhard Meier, Franz Weininger, Josef Furtner, Josef Mayer, Josef Mittermeier, Leonhard Klaus, Franz Brand, Ludwig Huber, Josef Fellner, Otto Irl, Johann Glas, Peter Meier, Johann Huber, Josef Zeitler, Georg Posch, Franz Semmler, Jakob Schäffler und Simon Geigenmoser.

Hierbei ist die Aussage in vergangenen Festschriften widerlegt, das der Verein während des ersten Weltkrieges völlig zum Erliegen kam. Sieben Kameraden fielen, darunter zwei erste Vorstände.

Im Dezember 1919 fassten die vom Krieg heimgekehrten Mitglieder den Beschluss, den Verein wieder aufleben zu lassen. Trotz schwieriger wirtschaftlicher Nachkriegsverhältnisse wurde bereits 1921 unter dem ersten Vorstand Karl Schessl eine Vereinsfahne angeschafft (Entwurf durch das Ehrenmitglied, den Wasserburger Ingenieur Max Rothmayer). Die Fahne kostete 4.500 Reichsmark.

Am 24. Juli 1921 wurde am Gries die festliche Fahnenweihe gefeiert.

Auf diesem Platz – so berichtete die Chronik – fand 1896 das letzte Volksfest statt, somit war der Gries wieder „Hoffähig“.

Mit unserem Patenverein Edelweiss Zorneding feierten 62 Vereine mit uns diese Festlichkeit.

Einige Mitglieder trugen anstatt der Gebirgstracht die Wasserburger Alttracht, die leider heute im Verein nicht mehr existiert, aber vom damaligen Vorstand Karl Schessl bis zum Beginn des zweiten Weltkrieges sehr gefördert wurde.

Im Juni 1922 übernahm unser Verein die Patenschaft für den Trachtenverein Schneebergler Schnaitsee. Um eine weitere Patenschaft wurden wir im Juli 1924 vom Trachtenverein Edelweiss Allmannsau gebeten.

In der Niederschrift zur Ausschusssitzung vom 11. Januar 1922 ist unter der Tagesordnung Punkt 1 die Übernahme der Patenstelle zur Fahnenweihe des GTEV Schneebergler Schnaitsee dokumentiert:

„Dem Bruderverein Schnaitsee ist Mitteilung zu machen, dass die Patenschaft zur Fahnenweihe vom GTEV Almrausch Wasserburg vorbehaltlich der Genehmigung durch die Mitgliederversammlung übernommen wird. Des Weiteren wird hinzufolgend beschlossen:

  1. Deckung der entstehenden Kosten:
    Vorgeschlagen wird

1. Die Deckung durch freiwillige Beiträge eines jeden Mitgliedes oder

2. Ausgabe von unverzinslichen Anteilsscheinen, die bei finanzieller Besserstellung der Vereinskasse wieder ausgelöst werden.

b)    Musik: Der Kosten wegen wird bestimmt die Stadtkapelle Wasserburg zu fragen und mit dieser rechtzeitig eine Vereinbarung zu treffen.

c)     Das Patenband soll bei der Stickerin Fräulein Friedrich von Wasserburg in Auftrag gegeben werden.

d)    Der Patenverein soll unverzüglich die Festordnung bekanntgeben.

e)    Bildung eines hinzu erforderlichen Festausschusses:
Zur Durchführung der anfallenden Tätigkeiten ist ein Ausschuss zu bilden, der in der nächsten Mitgliederversammlung schon bestimmt werden muss, und der mit allen Vollmachten ausgestattet ist; Der gebildete Ausschuss hat sofort mit dem Festverein Fühlung zu nehmen und die Tätigkeit sofort in Angriff zu nehmen.“

Des Weiteren wird im Protokoll vom 20. April 1922 der Besuch des zukünftigen Patenvereins Schnaitsee auf den Samstag, den 29. April bekanntgegeben. Nach der Besprechung über die Beschaffung der erforderlichen Geldmittel zeigte sich eine hervorragende Bestätigung.

Es wurden gezeichnet vom ersten Vorstand Karl Schessl die bereits zur Anzahlung des Fahnenbandes verwendeten 200 Mark, vom zweiten Vorstand Josef Mayer 20 Mark, vom Schriftführer Karl Meier 30 Mark, vom Irpedinger 10 Mark und vom Herbergsvater Ludwig Huber 100 Mark. Die übrigen Kameraden, die für heute nicht vorbereitet waren, versprachen nach Ihrer Möglichkeit Ihre Beihilfe“

Dieser Auszug aus dem Protokoll erlaubt uns einen Einblick, wie groß die Unterstützung und Solidarität gegenüber eines anderen Trachtenvereins finanziell war, da das Patenamt übernommen wurde, obwohl die Vereinskasse (kurz nach der Anschaffung der eigenen Fahne 4.500 Mark) dies eigentlich nicht ermöglichte.

Die nächsten Jahre waren ausgefüllt mit Proben, Auftritten, Veranstaltungen und vor allem Geselligkeit.

Im Jahre 1934 erfolgte ein besonderer Höhepunkt unserer Vereinsgeschichte. Den Wasserburger Trachtlern wurde die Ehre zu Teil, das 36. Gaufest des Gauverbandes I ausrichten zu dürfen.

Dazu veröffentlichte der damalige Gauvorstand Thomas Bacher zwei Artikel im Wasserburger Anzeiger.

Bemerkenswert an diesem Artikel ist auch, dass durch den Bacher Vater ausdrücklich auf den Geburtsort des Gründers des Gauverbandes I Franz Xaver Huber in Wasserburg hingewiesen wird.

Die Kehrseite des ausgerichteten Gaufestes für den Verein war die finanzielle Lage. Hierbei wird im Wasserburger Anzeiger vom 30. September 1935 bei einem Bericht über die Jahreshauptversammlung wie folgt berichtet:

„Erfreulich war dort wie auch sonst überall die besondere Anerkennung der Wasserburger Alttracht – die finanzielle Lage des Vereins ist nicht gut, was eine Auswirkung des hiesigen Gaufestes ist, nachdem einige Gaststätten ihre dem Verein gegenüber übernommenen Verpflichtungen nicht erfüllt haben. Viele Musikkapellen – die in den Gaststätten wo die Teilnehmer des Gaufestes untergebracht waren gespielt haben – mussten durch den Verein bezahlt werden, wofür eigentlich ein Bierpfennig – zugunsten des Vereins – diese Lasten decken sollte. Die Mitglieder, die hauptsächlich aus einfachen landwirtschaftlichen Dienstboten bestehen, die das ganze Jahr hindurch für den Verein erstaunlich viel Opfer bringen, sind nicht in der Lage durch eine Beitragserhöhung diese dort geschaffenen bzw. entstandenen Lasten auf einmal zu beseitigen. So wird der Verein noch einige Zeit darunter zu leiden haben…“

Die letzte größere Veranstaltung vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges, die der Verein durchgeführt hat, war 1938 der Kreistag der Trachtenvereine des Landkreises Wasserburg am Inn.

Während des zweiten Weltkrieges kam der Verein zum Erliegen. Sieben Mitglieder kamen aus dem Krieg nicht mehr nach Hause zurück. Nach dem Krieg begann 1946 langsam der Wiederaufbau des Vereinslebens. Hierbei ist dem ersten kommissarischen Vorstand Sebastian Eckstaller und dem darauffolgenden Vorstand Josef Scharlach ein besonderer Dank auszusprechen, die es geschafft haben an das Vereinsleben vor dem zweiten Weltkrieg anzuknüpfen.

Im Jahre 1949 beteiligte sich der Verein im Namen des Wasserburger Heimatfestes an dem damals 26 Vereine und vier Musikkapellen teilnahmen.

1955 wurde die Fahne aus dem Jahr 1921 restauriert und zum 45. Vereinsjubiläum im Rahmen eines kleinen Festes wiedergeweiht. Unser verstorbenes Ehrenmitglied Centa Liebhart übernahm 1967 das Amt der Fahnenmutter und stiftete aus diesem Anlass ein Fahnenband.

Die folgenden Jahre füllten sich mit regen Vereinsleben und Beteiligung an den Gauveranstaltungen. Auf Betreiben des Vereins fand im Jahre 1973 im Wasserburger Rathaussaal zum ersten Mal das Gauliedersingen statt. Zum 70. Jährigen Bestehen weihte der Verein seine neue Fahne.

Dieses Trachtenfest wurde von 20. – 24. August 1981 mit 63 Trachten- und Ortsvereinen und elf Musikkapellen gebührend gefeiert.

Fahnenmutter war dieses Mal unser jetziges Ehrenmitglied und Ehrenkassier Kathi Meyer.

Im Juli 1991 richtete der Verein unter der Leitung unseres jetzigen Ehrenvorstandes Siegi Hinterberger zum zweiten Mal das Gaufest in Wasserburg aus. Dieses 101. Gaufest und unser 80-jähriges Gründungsfest wurde zu einem großen Zeugnis für Brauchtum in unserer Heimatstadt.

Für das 90-jährige Gründungsfest im Jahre 2001 wurden unsere beiden Fahnen samt Fahnenbänder restauriert und fanden ein neues Zuhause bei unserem Herbergsvater Georg Esterer in Zellerreith, dem an dieser Stelle für seine unermüdliche Unterstützung des Trachtenvereins ein besonderer Dank auszusprechen ist.

Im Zeitraum 1999 – 2002 war unser mittlerweile leider verstorbene ersten Vorstand Lorenz Grasberger in der Vorstandschaft des Gauverbandes I als Gebietsvertreter tätig.

Neben den Besuchen der Gauveranstaltungen war der Geburtstag unseres Patenvereins Zorneding 2008 ein weiterer Höhepunkt im Vereinsgeschehen.

Durch Besuche in der Stadt Cugir (Rumänien/Kreis Alba) 2006 und 2008 mit den Verein konnte ein Beitrag der Städtefreundschaft zwischen Cugir und Wasserburg bis zum heutigen Tag gefestigt werden.

Das 100. Gründungsfest, das unter dem ersten Vorstand Lorenz Grasberger im Jahr 2011 ebenfalls wieder am Gries stattfinden konnte, hatte bereits schon beim Festgottesdienst in der gotischen Pfarrkirche St. Jakob eine große Strahlkraft, da alle anwesenden Vereine in dieser außergewöhnlich großen Kirche Platz fanden und sich somit gemeinsam unter den Schutz Gottes stellten. Das rundum gelungene Fest war eine Herzensangelegenheit und mit aller Kraft vorangebrachtes Anliegen unseres damaligen ersten Vorstandes Lorenz Grasberger. Dieses Fest war sozusagen die Krönung seiner langjährigen Vorstandsarbeit von 1993 bis 2011. Leider musste der Trachtenverein 2016 seinen ehemaligen Vorstand viel zu früh im Alter von 67 Jahren in Edling zu Grabe tragen. An dieser Stelle möchte der Trachtenverein Wasserburg nochmals seinen Dank aussprechen für seine langjährige und kraftvolle Arbeit für den Verein.

Den darauffolgenden ersten Vorstand Peter Staffen – jahrzehntelang im Gebiet und im Gau bekannt durch seine verschiedensten trachtlerischen Tätigkeiten im Trachtenverein Wasserburg – mussten wir ebenfalls viel zu früh – im November 2020 im Alter von 70 Jahren auf dem Soyener Friedhof zu Grabe tragen.

Am 26.09.2021 richteten wir Trachtler nach zweijähriger Corona-Pause wieder den Jahrtag der Wasserburger Ortsvereine aus. Beim Gottesdienst, der von Stadtpfarrer Bruno Bibinger in der Stadtpfarrkirche St. Jakob zelebriert und von der Stadtkapelle Wasserburg musikalisch begleitet wurde, ist den Verstorbenen gedacht worden.
Im Verlauf des Gottesdienstes wurde auch unsere 100 Jahre alte Vereinsfahne gesegnet.
Danach feierten wir in kleinem Kreis das 110. Gründungsfest in Zellerreith mit Plattlern und Tänzen.
Das erste Mal seit der Pandemie – die Gründungsfeier als Zeichen der Lebensfreude!

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